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Nach dem Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision – was ist zu beachten

Das neue Aktienrecht ist per 1. Januar 2023 vollständig in Kraft getreten, nachdem das Parlament im Juni 2020 die Aktienrechtsrevision verabschiedete und die Änderung in Bezug auf die Einführung von Geschlechterrichtwerten für Kaderpositionen in Grossunternehmen sowie die strengere Transparenzregeln für Unternehmen, die in der Rohstoffförderung tätig sind, bereits in Kraft gesetzt wurden. Anders als der Begriff vermuten lässt, betrifft die Aktienrechtsrevision auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Es gelten nun u.a. flexiblere Gründungs- und Kapitalvorschriften, es besteht eine grössere Flexibilität bei der Organisation von General- resp. Gesellschafterversammlungen und das Aktien- resp. Stammkapital kann neu auch in ausländischer Währung geführt werden. Doch was heisst dies konkret für Ihr Unternehmen und was müssen Sie nun aufgrund der Aktienrechtsrevision beachten?


Da die ordentliche Gesellschafter- resp. Generalversammlung in Ihrem Unternehmen womöglich demnächst ansteht, ist dies ein guter Zeitpunkt, sich über die nunmehr geltenden Anpassungen des Aktienrechts zu informieren und insbesondere zu prüfen, ob Massnahmen zu erwägen sind:

  • Sind die Statuten und/oder das Organisationsreglement anzupassen?

  • Gibt es Handlungsbedarf in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der ordentlichen Gesellschafter- resp. Generalversammlung inklusive des Drehbuches des Vorsitzenden, der Protokolle sowie der Einladung zur Versammlung?

  • Sofern ein Aktionär- resp. Gesellschafterbindungsvertrag oder ähnlich besteht, ist dieser allenfalls an das neue Recht anzupassen?

  • Bedarf es einer eingeschränkten Revision der Jahresrechnung aufgrund eines hälftigen Kapitalverlustes?

Hintergrund von möglichen Anpassungen sind insbesondere folgende Neuerungen und Änderungen des Aktienrechts:


Mehr Flexibilität bei den Kapitalvorschriften


Das Aktien- resp. Stammkapital kann neu in einer ausländischen, für die Geschäftstätigkeit wesentlichen Währung lauten (Kryprowährungen sind jedoch ausgeschlossen); die Gesellschafter- resp. Generalversammlung kann den Wechsel der Währung, auf die das Nominalkapital lautet, auf den Beginn eines Geschäftsjahrs beschliessen. In einem solchen Fall passt der Verwaltungsrat die Statuten an.


Der minimale Nennwert einer Aktie, welcher bisher CHF 0.01 betragen hat und derjenige eines Stammanteiles, welcher bisher CHF 100.00 betragen hat, wird nun auf einen beliebig kleinen Betrag (grösser als null) reduziert.


Des Weiteren wurde das neue Instrument des sog. Kapitalbandes eingeführt: Die Statuten können den Verwaltungsrat resp. die Geschäftsführung eines Unternehmens ermächtigen, das Nominalkapital innerhalb einer im Voraus festgesetzten Bandbreite (maximal plus 50% bzw. minus 50% des eingetragenen Aktienkapitals) während einer Dauer von längstens fünf Jahren beliebig zu erhöhen oder herabzusetzen. Die Herabsetzung setzt jedoch voraus, dass kein Opting-Out vorliegt, d.h., dass auf die eingeschränkte Revision der Jahresrechnung nicht verzichtet wurde.


Ebenfalls wurden die Bestimmungen über die beabsichtigte Sachübernahme bei der Gründung oder Kapitalerhöhung abgeschafft (kein qualifizierter Tatbestand mehr). Nach neuem Recht müssen für solche Fälle keine Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsberichte und Prüfungsbestätigungen mehr erstellt werden. Der Ausweis in den Statuten und im Handelsregister entfällt ebenfalls. Jedoch besteht eine Rückerstattungspflicht, soweit ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.


Neu kann die Gesellschafter- resp. Generalversammlung sodann gestützt auf einen Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende aus dem laufenden Geschäftsjahr beschliessen. Im Weiteren darf die gesetzliche Kapitalreserve (Agio und andere den Nennwert übersteigende Einlagen) unter gewissen Voraussetzungen an die Aktionäre resp. Gesellschafter zurückbezahlt werden.


Mögliche Formen der Generalversammlung


Die Durchführung der Gesellschafter- resp. Generalversammlung auf schriftlichem Weg oder mit elektronischen Mitteln ohne Tagungsort bedarf neu der Anpassung der Statuten, da die COVID-19-Verordnung, welche dies in den letzten zwei Jahren möglich machte, aufgehoben wurde. Neu können folgende Formen der Gesellschafter- resp. Generalversammlung in den Statuten verankert werden:

  • Ermächtigung des Verwaltungsrates resp. der Geschäftsführung zur Durchführung einer virtuellen Generalversammlung (kein Tagungsort z.B. durch Videokonferenz).

  • Gesellschafter- resp. Generalversammlung im Ausland (ausländischer Tagungsort).

Zudem ist nun Folgendes möglich:

  • Beschlüsse der Gesellschafter- resp. Generalversammlung können ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften auch auf dem Zirkularweg (schriftlich auf Papier oder in elektronischer Form) gefasst werden, sofern nicht ein Gesellschafter resp. Aktionär mündliche Beratung verlangt.

  • Ebenfalls ist eine multilokale Versammlung erlaubt, sofern die Voten an sämtlichen Tagungsorten unmittelbar in Bild und Ton übertragen werden.


Stärkung der Gesellschafter- resp. Aktionärs- und Minderheitsrechte


Allgemein gut zu wissen – und ohne Anpassungsbedarf – ist, dass die Voraussetzungen zur Einberufung einer ausserordentlichen Gesellschafter- resp. Generalversammlung und die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen für Gesellschafter resp. Aktionäre generell erleichtert wurde.


Auch die Schwellenwerte der Kapital- oder Stimmrechtsbeteiligung für Auskünfte ausserhalb der Gesellschafter- resp. Generalversammlung, die Einsicht in die Geschäftsbücher der Gesellschaft sowie das Verlangen einer Sonderuntersuchung oder einer Auflösungsklage wurden herabgesetzt.


Neue Pflichten der Geschäftsführung resp. des Verwaltungsrats - Sanierung & Drohende Zahlungsunfähigkeit


Das neue Aktienrecht stellt im Zusammenhang mit Sanierungsfällen neu die Liquidität der Gesellschaft in den Mittelpunkt. Der Verwaltungsrat muss die Liquidität der Gesellschaft fortlaufend überwachen und hat nun die Pflicht, Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu ergreifen und soweit erforderlich weitere Sanierungsmassnahmen zu treffen bzw. der Gesellschafter- resp. Generalversammlung zu beantragen. Bei hälftigem Kapitalverlust (d.h. falls die Aktiven abzüglich der Verbindlichkeiten die Hälfte der Summe aus Aktienkapital, nicht an die Aktionäre rückzahlbare gesetzlicher Kapitalreserve und gesetzlicher Gewinnreserve nicht mehr decken) wird die Einberufung einer Sanierungsgeneralversammlung jedoch nicht mehr zwingend verlangt.


Wichtig ist hier der Hinweis, dass eine Jahresrechnung, welche einen solchen hälftigen Kapitalverlust aufweist, zwingend revidiert werden muss, auch wenn die Gesellschaft keine Revisionsstelle hat (eingeschränkte Revision).


Anpassung der Statuten, Reglemente und Verträge – zeitlicher Horizont


Ihr Unternehmen hat nun zwei Jahre – und mithin bis zum 1. Januar 2025 – Zeit, die Statuten und allenfalls Reglemente an das neue Recht anzupassen. Möchten Sie jedoch von den neuen Möglichkeiten – wie etwa der virtuellen Gesellschafter- resp. Generalversammlung oder dem Kapitalband – profitieren, so sollte dies an der nächsten Gesellschafter- resp. Generalversammlung entsprechend in die Statuten aufgenommen werden. Beachten Sie jedoch, dass für eine solche Statutenänderung die Anwesenheit eines Notars resp. einer Notarin an der entsprechenden Versammlung notwendig ist.


Ebenfalls sollten Sie innert den zwei Jahren prüfen, ob die bereits bestehenden Verträge (z.B. Aktionärbindungsverträge oder Verträge mit Mitgliedern der Unternehmensleitung) dem neuen Recht entsprechen; nach Ablauf der Übergangsfrist sind die Vertragsbestimmungen, welche dem neuen Recht widersprechen, ungültig.


Gerne unterstützen wir Sie in dieser Angelegenheit, damit Sie Ihre Statuten und allfällige weitere Unterlagen gemäss Ihren Anforderungen an die neuen rechtlichen Gegebenheiten anpassen können.


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